Von Mareike L.
Im Rahmen meines Heilpädagogik-Studiums absolvierte ich von April bis Juli ein Assistenzpraktikum bei Markus*, der in einer WG betreut wird. Anliegen der Assistenz ist es, individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche des Assistenznehmners einzugehen und so die Zeit gemeinsam zu gestalten. Dadurch können Dinge ermöglicht werden, die die Person nicht oder nur eingeschränkt allein bewältigen kann.
Da Markus unter der Woche beschäftigt ist und jedes zweite Wochenende einem Besuch bei den Eltern vorbehalten ist, verbrachten wir die Freitagnachmittage und Samstage dazwischen immer gemeinsam. Hierbei handelte es sich um eine Freizeitassistenz, wir unternahmen also viele Ausflüge zu den verschiedensten Sehenswürdigkeiten in Dresden, die mich oft an die Unternehmungen mit meiner Oma früher in den Sommerferien erinnerten. Wir sahen uns die Hofkirche und den Fürstenzug an, besuchten das Hygiene-Museum und Markus zeigte mir den angrenzenden Blüherpark.
Ich selbst war etwas außerhalb von Dresden aufgewachsen und habe daher nur eine grobe Orientierung in der Stadt. Markus aber als Dresdner konnte mich überall herumführen und wusste genau, mit welcher Straßenbahn oder welchem Bus wir unser Ziel erreichen konnten und sorgte dafür, dass wir uns auch am Nachmittag wieder zurück zur Wohnung fanden.
Wir besuchten den Zoo, fuhren mit der Parkeisenbahn durch den Großen Garten, machten eine Stadtrundfahrt in einem der bekannten roten Doppeldecker Busse und fuhren mit der Standseilbahn zur Bergstation. Das alles geschah natürlich nicht an einem Tag, sondern verteilt über die Zeit von etwa drei Monaten. Bei den längeren Ausflügen stellte sich das Mittagessen außerhalb der Wohnung für Markus zunächst noch als eine kleine Herausforderung dar. Aber da wir uns während der Zeit immer besser kennenlernten und uns gut aufeinander einstellen konnten, war auch das bald keine große Sache mehr.
An unserem letzten gemeinsamen Samstag fuhren wir mit Straßenbahnen und dem Bus einmal quer durch die Stadt bis nach Pillnitz zum Schloss und dem dazugehörigen Park. Wir spazierten mehrere Runden durch den Park, wobei Markus einiges erzählte und mich somit an vielen Begebenheiten seines Lebens teilhaben ließ. Eine Überraschung war es dann, dass im Park ein Blechbläserensemble mit Posaunen, Hörnern und Trompeten spielte, was uns beide sehr erfreute. Leider kamen wir erst zum letzten Lied dazu, was Markus aber direkt begann mitzusingen. Wie nach fast allen unserer Ausflüge hatte er auch diesmal noch auf dem Rückweg die neuesten Fotos ausgedruckt, um sie als Erinnerung ins Fotoalbum zu stecken.
Ein solches Praktikum erfordert viel Offenheit, Energie und Bereitschaft sich aufeinander einzustellen. Wir beide, der Assistenznehmer Markus und ich als seine Assistenzgeberin, konnten vieles voneinander lernen und die gemeinsam verbrachte Zeit war sehr bereichernd für uns beide. Dementsprechend war es sehr schade, als wir uns voneinander verabschieden mussten. Aber die Erinnerung an diese intensive Zeit wird bei uns beiden sicher bestehen bleiben.
* Name geändert
Anmerkung der Redaktion:
Diese Erfahrung macht uns deutlich, was eine fachlich professionelle Pflege und ein hohes Engagement gepaart von Liebe für den Beruf und menschliche Betreuung bewirken kann für die Assistenznehmer mit Handicap. Ebenso lässt es uns auf der anderen Seite als Assistenzgeber erkennen, welche Persönlichkeiten, Wissen, Fähigkeiten, Erinnerungen und Möglichkeiten in unseren Klienten stecken, die man durchaus bewundern darf! Eine solche Erfahrung mit den besonderen Menschen bedarf viel Zeit, damit sie dieses Vertrauen zu uns lernen und geben können. Umso wichtiger ist auch das Verständnis, wie außerordentlich fundamental für diesen Personenkreis die gewohnte Umgebung mit stabilen Partnern und gleichen Rhythmen sind.
Danke an dieser Stelle an Mareike L. und Markus für dieses Praktikum, es ist für uns eine echte Bereicherung gewesen.